Du hast bestens formulierte Texte und willst, dass sie gelesen und angenommen werden? Du bemerkst, dass irgendwas mit deinen Texten nicht stimmt und weißt nicht genau was? Dann kann es sein, dass es auch an der Schriftart liegt. Denn nicht nur der Inhalt, sondern auch die Art und Weise wie der Text geschrieben ist, macht etwas mit uns.

Wir Menschen lesen Emotionen nämlich sogar in leblosen Formen:

Schrift, Buchdruck und Internet

Die Erfindung der Schrift hat viel von dem beeinflusst, wie wir jetzt leben. Mit Hilfe von Schrift können wir sowohl Informationen speichern als auch Informationen weitergeben. Zuvor musste man sich alles merken und das, was man wusste, konnte man nur mündlich an andere weitergeben.

Im Lauf der Zeit entwickelten sich verschiedene Fertigkeiten und Techniken, die mehr oder weniger aufwändig waren. Erst durch den Buchdruck konnte Wissen schneller vervielfältigt und weiter in die Welt hinausgetragen werden.

Durch das Internet erfolgte der nächste und bisher letzte Schritt, Informationen für alle zugänglich zu machen. Und auch wenn wir immer mehr über Bilder und Videos kommunizieren, wird die Schrift auf absehbare Zeit ein wichtiger Teil in unserer Kommunikation bleiben.

Die zahlreichen Techniken und Verbreitungsarten von Sprache und Schrift aus tausenden von Jahren haben uns eine Menge an Schriftarten und Methoden des Schreibens hinterlassen.

Was früher modern war, ist heute „Schnee von gestern“, Kunst, Vintage oder wird als handwerkliche Fertigkeit geschätzt. Und auch wenn in Stein gehauene Zeichen aus römischen, griechischen oder ägyptischen Epochen oder jahrhundertealte handschriftlich verfasste Bücher in unserem Alltag nur wenig Bedeutung haben, so lösen sie doch andere Emotionen aus als unsere heutigen Computerausdrucke oder Webseiten.

Und das wirklich tolle ist: Wir können heute mit allen diesen verschiedenen Wirkungen arbeiten!

Die Kraft der Schriftart

Wir verbinden Schrift unbewusst auch mit unseren eigenen Erinnerungen und Erfahrungen, noch bevor wir überhaupt ein Wort gelesen haben. Der erste Eindruck zählt und es ist dabei egal, ob die Schriftart selbst besonders gut lesbar oder ob der Inhalt interessant ist.

Auch wenn wir die Schriftart gar nicht kennen oder die Sprache nicht verstehen, löst allein das Anschauen des Textes sofort irgendetwas in uns aus.

Bei einem hässlich geschriebenen Informationstext, auch wenn er noch so wichtig ist, wirst du dich womöglich zwingen müssen ihn zu lesen, während dir bei einer gut lesbaren Speisekarte bereits das Wasser im Mund zusammenläuft.

Was heißt das für den Alltag?

Der persönliche Eindruck wird unter anderem durch unsere Geschichte und Kultur beeinflusst, wird also von uns erlernt. Er sorgt dafür, dass wir einen wissenschaftlichen Text zur Gentechnik in Schreibmaschinenschrift genauso wenig ernst nehmen werden, wie eine Wirtschaftszeitung, die in Schul-Schönschreibschrift gesetzt wird.

Wir verbinden die Schreibmaschine mit Wissenschaft aus dem vorigen Jahrhundert, und bei der Schul-Schönschreibschrift kommen möglicherweise ablehnende oder vielleicht ein paar nostalgische Gefühle an die eigene Kindheit auf, doch mit dem Inhalt selbst werden wir uns kaum auseinandersetzen wollen.

Zusätzlich zu diesen erlernten Verknüpfungen gibt es noch eine Menge an biologischen Reaktionen. Eine fette Schrift wirkt eher kräftig, bestimmt, dominant, eine feine, dünne Schrift möglicherweise zerbrechlich, filigran, luxuriös, unsicher. Weiche Übergänge innerhalb der Buchstaben wirken sanft, rechte Winkel dagegen hart.

Was das für dich heißt

Eine Textschrift macht also viel vom dem aus, was du mitteilen willst. Egal ob es sich um dein schriftliches Angebot, deine Zeitschrift oder deine Webseite handelt, der Charakter der Schrift hat einen großen Einfluss darauf,

dein Text gelesen wird.

Die gut gewählte Schriftart kann das, was du mit dem Text erreichen willst, unterstützen oder eine bestimmte Facette des Textes betonen. Du kannst aber auch bewusst mit diesen Konventionen brechen und genau das Gegenteil erwirken. Wir werden zum Beispiel einen Gesetzestext in dünnen, schmalen, rundlichen Buchstaben anders aufnehmen als in kräftigen, eckigen.

Es ist viel Wissen und Erfahrung notwendig, um die Wirkung von Schriften genau bewerten zu können. Doch auch das gesamte Wissen kann nur eine bestmögliche Abschätzung sein, denn die erlernten, kulturellen Konventionen können wir kaum festmachen, da sie viel zu umfangreich und sehr unterschiedlich sind.

Persönliche Erfahrungen mit Schrift können wir sowieso nur schwer vergleichen, da jeder andere Erfahrungen macht und die sich permanent verändern. Wenn ich an Stenografie denke, erscheinen zuerst schöne Erinnerungen an meine Großmutter, in der Schulzeit habe ich es anfangs nicht gemocht, doch mit der Zeit liebte ich es, blitzschnell schreiben zu können. Die früheren Word-Art Effekte fand ich ziemlich toll, doch nur kurze Zeit später konnte ich sie nicht mehr sehen. Und obwohl ich mit dem Schönschreiben kaum zu recht komme, probiere ich es immer und immer wieder, da ich es so wunderschön und entspannend finde.

Wie ich eine Schriftart auswähle

Um aus der Vielfalt an Schriften eine passende Schriftart auszuwählen, finde ich systematisches Vorgehen sehr hilfreich. Nur nach Gefühl aussuchen kann auch gelingen, aber es wird schwierig, da jeder von uns andere Erfahrungen mit Schrift gemacht hat. Wenn ich nach einer Schriftart suche, lege ich also zunächst formalen Kriterien fest:

Dann wähle ich ein paar Schriftarten aus, die passen könnten. Anschließend vergleiche ich, welche Stimmungen sie erzeugen und wie sie möglicherweise die Empfindungen der Leser beeinflussen können. Ich überlege mir, ob diese Wirkungen zum Text passen und ob sie helfen, den Inhalt zu verstehen oder ob sie etwas anderes auslösen können. Und dann teste ich, und vergleiche, und nochmal und nochmal.

Hier habe ich übrigens ua. aufgelistet, von welchen Quellen ich Schriftarten beziehe: Tools für Gestaltung

Viel Inspiration findest du auch auf Pinterest.

Bring joy & clarity through design, 
Marion